Wissen und Lernen im Zeitalter von Wikipedia – Ein Vortrag am Robert-Bosch-Gymnasium (15.10.2019)

Wie verändern sich Wissen und Lernen in unserem modernen Zeitalter? Und was trägt Wikipedia zur Entwicklung bei? Diesen Fragen ging am Dienstag, 15.10.2019 Prof. Dr. Ulrike Cress vom Leibniz Institut für Medienwissenschaften in Tübingen in einem Vortrag nach. 
In der jährlichen Veranstaltungsreihe „Talk am RBG“, welche von der Kooperation mit dem LEADS-Programm profitiert, können sich interessierte Zuhörer über aktuelle Themen mit bildungsrelevanten Inhalten auseinandersetzen und den Vorträgen unterschiedlicher Professorinnen und Professoren folgen. 

In diesem Jahr fokussierte der Talk den Einfluss von Medien auf das Wissen und warf die Frage auf, wie man aus der Online-Enzyklopädie einen Nutzen ziehen kann. Cress beleuchtete das „lebende System“ Wikipedia als Nachschlagewerk, in welchem sich Einträge ständig verändern und durch eine aktive Community weiterentwickeln würden.
Das häufig unterstellte Chaos, das sich durch die offen zugängliche Bearbeitung ergeben könne, bliebe durch positive Synergieeffekte und ein Selbstreinigungssystem der Nutzer aus, so Cress. Dass die Online-Enzyklopädie Qualität erzielen könne, obwohl unzählige Laien Einträge verfassen, erklärte die Professorin anhand eines aktuellen Beispiels. Den Forschungsgegenstand bildete dabei der Eintrag zur Nuklearkatastrophe in Fukushima. Die „Wikipedianer“ hätten hier gezeigt, dass das Sammeln von zuverlässigen Quellen und das ständige Überarbeiten, Korrigieren und Verbessern des Artikels auf den Lernprozess in Schulen übertragen werden könne. Die Reibung sowie die Bewusstseinsschärfung beim Recherchieren für einen Wikipedia-Artikel ließen sich also auch beim Lernprozess im schulischen Rahmen z.B. in Gruppenarbeiten wiederfinden. Die Botschaft der Professorin: Wissen ist nichts Starres oder Gegebenes, es muss reflektiert werden. Gelesene Informationen weiterzuverarbeiten, zu prüfen und zu arrangieren, seien Prozesse des Lernens, die sowohl auf das moderne Nachschlagewerk als auch auf den lernenden Schüler zutreffen würden. 
Das Publikum interessierte sich in der anschließenden Diskussion beispielsweise dafür, inwiefern Wikipedia als zuverlässige Quelle für Referate gelten könne. Cress betonte, Wikipedia sei eine Erstquelle, die durch weiterführende Links und Literaturhinweise eine Vertiefung ermögliche, sich jedoch durch das bloße Abschreiben von Inhalten kein Wissen konstruieren könne.
Schulleiterin Karin Ecker bedankte sich bei der Referentin sowie beim Publikum für das Interesse. Darüber hinaus wünschte sie sich mit einem Augenzwinkern eine sogenannte „Boschpedia“, in welcher der erstrebenswerte Lernprozess schulisch umgesetzt werden könnte.

Ein herzlicher Dank gilt der Schulentwicklungsgruppe um Claus König, die den Vortrag vorbereitet und die Organisation des Abends übernommen hat.