Latein

Sapere aude!

– frei übersetzt: „Habe den Mut, etwas zu wissen!“ lautet eine der vielen Weisheiten der Römer. Das Fach Latein vermittelt Wissen, Kenntnisse und Fertigkeiten auf ganz unterschiedlichen Ebenen.

Die Schülerinnen und Schüler lernen mit Latein eine Sprache kennen, die heute nicht mehr aktiv gesprochen wird, aber trotzdem bis in unseren Alltag hinein lebendig ist. Denn viele Wörter im Deutschen haben ihren Ursprung im Lateinischen, z.B. Kaiser (Caesar) Keller (cella), Wein (vinum) etc. Auch in der Werbung ist das Lateinische weit verbreitet, wenn z.B. eine Firma damit wirbt, dass ihre Creme besonders weiß ist (NIVEA von lateinisch niveus) oder ein Sportartikelname die lateinische Aufforderung beinhaltet: Anima Sana In Corpore Sano (= Ein gesunder Geist soll in einem gesunden Körper sein).

Im Zentrum des Lateinunterrichts steht nach wie vor die Beschäftigung mit Texten. Um diese zu verstehen, muss man sie ins Deutsche übersetzen, was die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, sich im Deutschen schriftlich wie mündlich angemessen auszudrücken, intensiv trainiert. Voraussetzung für die Übersetzung ist die Kenntnis der lateinischen Formen und der Satzlehre. Latein ist eine sehr logisch aufgebaute Sprache, an der die Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise den Aufbau eines Sprachsystems kennenlernen können. Dies hilft ihnen im Deutschen und beim Erlernen weiterer moderner Fremdsprachen. So haben nicht nur die romanischen Sprachen – Französisch, Italienisch, Spanisch – im Wortschatz große Übereinstimmungen mit dem Lateinischen. Auch im Englischen gehen über 50% des Wortschatzes auf eine lateinische Wurzel zurück!

Zugleich ist das Fach Latein ein Schlüssel zum Eintritt in die faszinierende Welt der Römer und der Antike allgemein. Zu Beginn der Lehrbuchphase (Klasse 6-8) lernen die Schülerinnen und Schüler zunächst das Leben und den Alltag einer römischen Familie kennen und begleiten diese z.B. bei Familienfeiern, auf ihr Landgut oder in die Thermen. Später folgen Texte zur antiken Sagenwelt, zur römischen Geschichte und zur antiken Philosophie. Der Gang durch das Lehrbuch wird in der Regel am Ende der Klasse 8 abgeschlossen, wenn die wichtigsten grammatischen Themen vermittelt sind.
In Klasse 9 werden die Schülerinnen und Schüler über eine Übergangslektüre an das Übersetzen, Verstehen und Interpretieren von lateinischen Originaltexten herangeführt. Caesars berühmte Darstellung seines Kriegszuges gegen die Gallier muss man heute nicht mehr zwingend lesen, kann man aber. Es lohnt sich immer noch – denn heute steht nicht wie früher die Schilderung der verschiedenen Schlachten im Vordergrund, sondern eher die Entschlüsselung der Art und Weise, wie Caesar seine Leser zu lenken versucht, um seine politischen Ziele zu erreichen. Der Aktualitätsbezug liegt auf der Hand.
Im Laufe der 10. Klasse stehen inhaltlich spannende Themen und Fragen auf dem Programm: Wie kann man eine gute und wirkungsvolle Rede halten (Cicero). Wie kann man ganz persönliche Erlebnisse, insbesondere Beziehungsprobleme, literarisch verarbeiten (Catull). Den wichtigsten Fragen der Philosophie gehen die Schüler und Schülerinnen auf der Grundlage von Senecas Briefen und Abhandlungen nach. Mit Ovid können sie den ersten Autor kennenlernen, der kurz nach der Zeitenwende auf Geheiß des Kaisers Augustus seine Heimat verlassen und bis zum Lebensende im Exil bleiben musste und sehr darunter litt, dass er nicht mehr das römische Publikum um sich hatte, um seine literarischen Erzeugnisse vorzustellen und der gerne noch einmal seine geliebte Heimatstadt Rom wiedergesehen hätte. Hier können die Schülerinnen und Schüler – bleibend aktuell – nachempfinden, wie es Menschen fern ihrer Heimat unter dem Verlust ihrer engsten Familienangehörigen, Freunde und ihrer Sprache ergeht.
Diese Themenliste ließe sich noch fortsetzen … doch irgendwann ist auch das zehnte Schuljahr zu Ende, in dem die Schülerinnen und Schüler mit der Mindestnote „ausreichend“ auf dem Endzeugnis das Latinum erwerben. Dieser Nachweis von Lateinkenntnissen wird nach wie vor für das Studium mancher Fächer vorausgesetzt. Zum aktuellen Stand der Sprachanforderungen sollte man sich frühzeitig bei der gewünschten Universität informieren!

Aber auch nach dem Ende der zehnten Klasse muss die Lateinkarriere an der Schule noch nicht enden. Auch in der Kurstufe kann man Latein als Fach wählen, entweder als dreistündiges Basisfach oder als fünfstündigen Leistungskurs. In beiden steht die vertiefte Beschäftigung mit lateinischer Literatur auf dem Programm. Am Ende der Jahrgangsstufe 2 wird dann bei einer mindestens ausreichenden Leistung das Große Latinum erworben.

Wie bei jeder Sprache, so ist das Lernen von Latein manchmal anstrengend, wird aber reich belohnt durch Erkenntnisse, die einen ein Leben lang begleiten können. Oder wie die Römer sagen: Per aspera ad astra!, was in etwa bedeutet: „Durch harte Arbeit (gelangt man) zu den Sternen!“